Die von Kai als Fahrt für erfahrene und konditionsstarke Paddlerinnen und Paddler ausgeschriebene Gepäcktour führte uns von Neuenschleuse nach Kollmar und zurück. Vielleicht war die Ankündigung etwas abschreckend, denn es meldeten sich für diese Tour nur 5 Personen an, so dass wir mit Kai als Fahrtenleiter zu sechst waren.
Der Tidenkalender meinte es gut mit uns und so mussten wir diesmal nicht vor dem Aufstehen am Bootshaus sein. Da in Kollmar vor dem Sandstrand bei Ebbe der Elbschlick droht, entschlossen wir uns, eine halbe Stunde früher als ursprünglich angesetzt am Bootshaus zu sein. Um 12:00 Uhr verluden wir die Boote und Kai kutschierte uns mit seinem „Großraumtaxi“ nach Neuenschleuse. Bis dann alles verstaut war, und wir in die Boote stiegen, war es kurz vor zwei.
Wie so oft in diesem Sommer: Wenn man sich die passenden Teile der letzten fünf Prophezeiungen der Wetterfrösche zusammensucht, dann stimmt die Vorhersage. Bei uns war es heiter bis wolkig und Rasmus blies uns mit 4-5 Beaufort ins Gesicht. Da der Wind gegen das ablaufende Wasser stand, bauten sich zum Teil ordentliche Wellen auf, die uns zwar gelegentlich durchnässten, aber nie bedrohlich waren. Wind und Wellen hielten uns aber ordentlich auf, so dass wir trotz des ablaufenden Wassers deutlich langsamer unterwegs waren, als ursprünglich gedacht.
Wir entschlossen uns also, durch das Dwarßloch und die Haseldorfer Binnenelbe zu paddeln, um ein wenig im Windschatten zu bleiben. Sobald wir den Hauptstrom verlassen hatten, wurde es ruhig. Da auch die Wolken immer weniger wurden, konnten wir das idyllische Nebenfahrwasser in voller Schönheit genießen. Nur Freund Rasmus leistete uns ab dem Haseldorfer Hafen wieder Gesellschaft. Von den größeren Kabbelwellen wurden wir aber zum Glück bis kurz vor Pagensand verschont.
Die sich bietende Aussicht in der Haseldorfer Binnenelbe sollte man nicht verpasst haben. Rastende Vögel auf den trocken gefallenen Ufern, Schilf und himmlische Ruhe lassen das Herz jedes Naturfreundes höher schlagen.
Von der Illusion, zu den konditionsstarken Paddlern zu gehören, musste ich mich allerdings spätestens ab dem Ende der Haseldorfer Binnenelbe verabschieden. Die Muskeln (wenn man sie denn so nennen will) meldeten sich immer aufdringlicher und so sehnte ich langsam das Ziel herbei. Katja ging es ähnlich, zumal sich bei ihr ein menschliches Bedürfnis einstellte, dass irgendwann so dringend wurde, dass Kai sich mit Katja zusammen in Richtung Ufer aufmachte. Der Rest der Gruppe paddelte schon weiter in Richtung Kollmar.
Thomas und Lukas hatten offenbar noch genügend Reserven und lagen schon ein ganzes Stück in Front. Jörg und ich waren inzwischen zurückgefallen (danke für’s Warten, Jörg!). So kamen wir mit jeweils ein paar Minuten Abstand in Zweiergrüppchen am Ziel an. Das Wasser war inzwischen schon so weit abgelaufen, dass wir doch noch Bekanntschaft mit dem farbechten Elbschlick machen mussten. Am Ende standen wir alle in uni-farbenen Kniestrumpfen aus Modder am Strand.
In Kollmar trafen wir auch Paul aus den Niederlanden wieder, den wir auf dem Wasser kennengelernt hatten. Paul war mit seinem Seekajak 25 Tage zuvor in Prag aufgebrochen und inzwischen die Moldau und die Elbe hinunter gepaddelt. Er erzählte uns, dass er für den Rest seines Urlaubs noch die Strecke bis in die Nähe von Amsterdam vor sicht hatte. Er wird wohl mit seinen Kilometern am Ende unser gesamtes Vereinsergebnis toppen.
Die Zeltwiese der Elmshorner Wanderpaddler ist, ein seltenes Vergnügen, noch im Deichvorland gelegen und so hat man dort nur etwas Vegetation zwischen sich und dem Fluss. Zum Bootshaus, einer reetgedeckten Kate, muss man den von zahlreichen Schafen beweideten Deich überqueren. Im Erdgeschoss sind neben den Sanitärräumen noch ein Aufenthaltsraum und eine Küche untergebracht. Auf dem Dachboden, direkt unter dem Reet, befindet sich das Bootslager. Das klingt zunächst merkwürdig, aber es gibt dort eine Außentür und einen Metallsteg, der direkt vom Bootslager auf die Deichkrone führt: Sehr praktisch, man spart sich zumindest auf einer Seite die Schlepperei der Boote den Deich hinauf.
Das Bootshaus ist urgemütlich und Kai als ehemaliges Mitglied der Elmshorner Wanderpaddler hat uns ein wenig von seiner Jugend bei den Wanderpaddlern erzählt. Hoffentlich können die Elsmhorner das Bootshaus halten. Der Unterhalt ist natürlich für einen kleinen Verein ziemlich kostspielig, und es wäre ein Jammer, dieses Bootshaus abgeben zu müssen.
Der Abend verlief dann sehr gemütlich im Kreis unserer aufgebauten Zelte. Kai hatte alles dabei (inklusiv Tischchen und Espressokocher), ich alles, außer dem was man wirklich braucht (eine Plastiktüte als Sitzgelegenheit ist auf Dauer unbequem!) und Katja alles, außer dem was sie vergessen hatte (ihr Nudelsalat ist schon deshalb eine Legende, weil er zu Hause im Kühlschrank blieb). Jörg, Thomas und Lukas hatten eine ausgewogene Mischung aus Notwendigem und Komfortbedarf eingepackt. Bei einer Expedition mit einem Dutzend Trägern würde ich auf Kai setzen, wenn ich alles selbst tragen müsste, dann auf Thomas und Lukas. Katja würde vermutlich verhungern und ich könnte mich zwar dreimal am Tag umziehen, müsste das aber auch tun, weil ich bei der Schlepperei der Klamotten so viel schwitzen würde.
Wir kochten, was unsere kleinen Campingkocher hergaben und am Ende waren alle satt, zufrieden und müde. Die Nacht wurde dann trotz der Müdigkeit ziemlich kurz. Paul hatte in weiser Voraussicht mit seinem kleinen Zelt sein Lager direkt neben dem Bootshaus und damit auf der anderen Seite des Deiches aufgebaut, weil er Ruhe zum Schlafen haben wollte. Die hätten wir uns auch gewünscht, denn auf dem angrenzenden Gelände des WSV Kollmar ging es bis in die Nacht hoch her. Immerhin, die Musik war nicht schlecht, aber es dauerte lange, ehe der Schlaf einsetzte.
Am nächsten Morgen war der Himmel bewölkt. Es hatte nachts schon geregnet, aber das Frühstück konnten wir trocken im Freien genießen. Dann fing es wieder an zu pladdern und so wurde im Regen abgebaut und gepackt. Ungefähr zwei Stunden nach Niedrigwasser (eine Runde Elbschlick war für die Tour genug) ging es wieder in die Boote.
Der Wind war schwach und so fuhren wir bei wenig Wellengang und leichtem Regen in Richtung Hauptstrom. Immer knapp außerhalb des Fahrwassers, versuchten wir möglichst viel von der Strömung der auflaufenden Flut mitzunehmen.
Als nach einiger Zeit der Regen versiegte und die Wolken aufrissen war echtes Genusspaddeln angesagt. (Gut, die noch immer etwas schmerzenden Muskeln mögen das etwas anders gesehen haben).
Nicht nur die großen Schiffe, sondern auch die Tonnen waren aus der Zwergenperspektive im Kajak wirklich beeindruckend.
Um uns nach dem anstrengenden Vortag etwas zu schonen, entschlossen wir uns, diesmal eine kleine Pause in Bassenfleth einzulegen. Der Strand war wirklich einladend, zumindest wenn man gedanklich das Kernkraftwerk ausblenden konnte.
Beim Anlanden wurden wir, nicht gerade freudig, von einem freilaufenden großen Hund begrüßt, der offenbar der Meinung war, der Strand gehöre ihm. Dem Besitzer war es völlig egal, dass der Hund uns anpöbelte und sogar ins Wasser kam, um uns fernzuhalten. Er ging, ins Gespräch vertieft, völlig ungerührt weiter und dachte nicht daran, uns das Tier vom Leib zu halten. Zum Glück hatten wir niemanden mit Angst vor Hunden dabei.
Ich habe dann beim Aussteigen eine Lektion über das Anlanden auf der Elbe gelernt: Wenn man auf den Strand fährt, empfiehlt sich, vor dem Öffnen der Spritzdecke einen Blick nach hinten zu werfen. Genau in dem Moment, in dem die Spritzdecke vom Süllrand gezogen war, stieg von hinten die Heckwelle eines Schiffs ein und ich saß in einer Pfütze.
Bei unserer anschließenden Pause wurden wir noch von Rainer Saß, den meisten als Fernsehkoch bekannt, und seinen Begleitern angesprochen, die ebenfalls mit Hunden am Strand spazieren gingen. Nach einem kurzen Plausch und dem Verputzen unserer mitgebrachten Energiespender in Form von Waffeln, Schokolade u.s.w. ging es dann für die letzten Kilometer wieder aufs Wasser.
Für den Rest der Tour zeigte sich die Elbe weiter von ihrer besten Seite, und so kamen wir zufrieden wieder in Neuenschleuse an. Zufrieden war bestimmt auch der Schwarm Kriebelmücken, der mich beim Aussteigen erwischte. Die Bilanz: 22 Mückenstiche an den Beinen.
Da nicht nur die Mücken, sondern auch wir futtern wollten, entschlossen wir uns, nach der Rückkehr zum Bootshaus noch eine Konditorei aufzusuchen. Lukas hatte leider keine Zeit mehr und musste sich vorher verabschieden, aber der Rest der Gruppe konnte die Tour bei Kaffee und Kuchen angenehm ausklingen lassen.
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[…] auch Ausdauer braucht, hatte ich in der Ausschreibung erwähnt. Einigen von uns wurde auf der Fahrt schmerzhaft bewusst, dass der Schreibtisch-Job nicht unbedingt konditionssteigernd ist. Noch dazu, wenn der Wind […]